"One Billion Rising“ statt Valentinstag

Claudia Muth (links) und Mira Matoff (rechts) präsentieren den Satz von Gisèle Pelicot vor dem Gleichstellungsbüro

Am 14.02., dem im allgemeinen Sprachgebrauch als „Valentinstag“ bekannten Tag, steht alles im Zeichen einer idealisierten, romantischen Liebe. Bilder von glücklichen heterosexuellen Paaren werden auf allen Ebenen kommerziell vermarktet. Die Gleichstellungsbeauftragten im Werra-Meißner-Kreis, Mira Matoff und Claudia Muth, machen darauf aufmerksam, dass dieser Tag seit 2012 durch die Aktion „One Billion Rising“ (eine Milliarde erhebt sich) auch eine gegensätzliche Bedeutung hat.  

Ziel der Bewegung „One Billion Rising“ ist es, eine Öffentlichkeit für das Thema Partnerschaftsgewalt in heterosexuellen Paarbeziehungen zu schaffen. Die Aktion zeigt auf, dass diese Gewalt nie nur privat ist. Sie wird durch fortdauernde strukturelle Machtverhältnisse ermöglicht und aufrechterhalten, die zu Lasten von Frauen gehen. In vielen Städten in Deutschland führen Mädchen und Frauen im Sinne der Selbstermächtigung eine bestimmte einstudierte Tanzchoreographie auf. Solch ein Event ist für das kommende Jahr auch im Werra-Meißner-Kreis geplant. 


Partnerschaftliche Gewalt richtet sich in fast 80% der Hetero-Beziehungen gegen Frauen. Es wird geschätzt, dass etwa eine Milliarde („one billion“) Frauen und Mädchen weltweit im Laufe ihres Lebens Opfer von Gewalt werden. Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat für Deutschland bekanntgegeben, dass im Jahr 2023 jeden zweiten Tag eine Frau durch ihren (Ex-)Partner getötet wurde. Alle vier Minuten erlebt eine Frau Gewalt durch ihren (Ex-) Partner. Diese Zahlen sind unabhängig von der sozialen Schicht – partnerschaftliche Gewalt kann jede*n treffen.

Die Dunkelziffer von Fällen häuslicher Gewalt wird um ein Vielfaches höher eingeschätzt, denn viele Opfer von Partnerschaftsgewalt schämen sich, mit ihren Erfahrungen an die Öffentlichkeit zu gehen. Diese falsche Scham hält Frauen viel zu oft davon ab, Anzeige zu erstatten. Die Französin Gisèle Pelicot war eine der Mutigen, die ihre eigene Geschichte der zweihundertfachen Vergewaltigung durch ihren Ehemann und achtzig weitere Männer an die Öffentlichkeit brachte. Ihr Satz: „Die Scham muss die Seite wechseln“ ist weltberühmt geworden und ermutigt viele Mädchen und Frauen, sich mit ihren eigenen Gewalt-Erfahrungen zu zeigen. Um darauf aufmerksam zu machen, dass es die Täter sind, die in solchen Fällen Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und sich dafür schämen müssen, und nicht die Menschen, denen die Gewalt widerfahren ist, wird der Satz von Gisèle Pelicot in den nächsten Wochen im Schaufenster des Gleichstellungsbüros des Werra-Meißner-Kreises am Marktplatz 28 zu sehen sein. 

Frauen im Werra-Meißner-Kreis, die Gewalt durch (Ex)-Partner erfahren, können sich an die Frauenberatungsstelle der Ev. Familienbildungsstätte wenden (05651 479 8955). Für gewalttätige Männer, sowie männliche Opfer von Partnerschaftsgewalt ist die Männerberatungsstelle der Arbeiterwohlfahrt Werra-Meißner e.V. (0170 1254727) zuständig.

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